Mit Giraffenohren hören bedeutet für mich im ersten Schritt, sich selbst zu hören, die eigenen Gefühle wahrzunehmen und zu erkennen, welche Bedürfnisse sich dahinter verbergen.
Ein Gefühl, dass sehr stark ist und sich oft lautstark Raum verschafft, ist unsere Wut.
Ich finde, Wut überlagert häufig andere Gefühle und sicher bin ich nicht die Einzige, mit Glaubenssätzen wie, du darfst nicht wütend sein, reg dich mal nicht so auf, hab dich doch besser unter Kontrolle!
Und genau das ist es glaube ich, was mich manchmal so platzen lässt: Die Inakzeptanz dieses Gefühls.
Denn was ich eigentlich glauben möchte ist: ALLE GEFÜHLE DÜRFEN SEIN! Gefühle sind die Wegweiser zu unseren Bedürfnissen und wenn wir diese missachten, dann kann es uns nicht gut gehen.
Unsere Wut ist für andere oft schwer zu ertragen, denn in unserer Wut urteilen wir oft über andere, klagen sie an oder bestrafen sogar. Manchmal werden wir laut und wir sind richtig unbequem, wenn wir wütend sind und jeder kann es sehen. Sicher sind das einige der Gründe, für Sätze wie:
Sei nicht so wütend,
wütend sein bringt auch nichts,
schrei nicht so rum,
kleiner Choleriker, usw.
mit denen unsere Wut unterdrückt werden soll. Und ja, rumschreien und beschuldigen, bringt uns nicht zum Ziel, die Wut unterdrücken aber auch nicht.
Wir nutzen seltsame, oft sinnlose Strategien, um die Bedürfnisse hinter unserer Wut zu erfüllen, wie Katharina Hoffmann sehr schön schreibt:
Meine Sehnsucht heißt Gegenseitigkeit, ich nenne dich einen Egoisten.
Meine Sehnsucht heißt Kontakt, ich nenne dich abweisend.
Meine Sehnsucht heißt Sicherheit, ich nenne dich unverantwortlich.
Meine Sehnsucht heißt Akzeptanz, ich nenne dich engstirnig.
Meine Sehnsucht heißt Wärme, ich nenne dich kalt.
Ich sehne mich nach einem Sinn und nenne dich oberflächlich.
Meine Sehnsucht heißt Integrität, ich nenne dich taktlos.
Meine Sehnsucht heißt Zutrauen, ich nenne dich unzuverlässig.
Meine Sehnsucht heißt Umsicht, ich nenne dich rücksichtslos.
Meine Sehnsucht heißt Nähe, ich nenne dich abwesend.
Meine Sehnsucht heißt Kreativität, ich nenne dich ungeschliffen.
Ich will, dass du mir zuhörst, und nenne dich taub.
Meine Sehnsucht heißt Ehrlichkeit, ich nenne dich einen Lügner.
Meine Sehnsucht heißt Aufmunterung, ich nenne dich Miesmacher.
Meine Sehnsucht heißt Vertrauen, ich nenne dich Liederjan.
Meine Sehnsucht heißt Verständnis, ich nenne dich begriffsstutzig.
Meine Sehnsucht heißt Unterstützung, ich nenne dich rückgratlos.
Ich möchte so gern gesehen werden und nenne dich blind.
Hinter Wut können viele andere Gefühle verborgen sein, wie Angst, Traurigkeit, Schmerz.
Wenn wir uns nicht von unserer Wut überwältigen lassen oder sie wegschieben, sondern sie willkommen heißen, sie annehmen, sind wir in der Lage, die dahinter liegenden Gefühle zu erkennen und die Explosivität unserer Emotionen verpufft.
Dann können wir Giraffenohren aufsetzen, uns selbst Empathie schenken, dem anderen Zuhören und mitteilen, was wir wirklich brauchen.
Noch kurz 4 Fakten zur Wut, die Mut machen sie anzunehmen:
Wut ist ein Produkt meines Denkens
Wut ist ein Signal meines Körpers auf unerfüllte Bedürfnisse
Wut entsteht häufig aus Hilflosigkeit. Sie ist oft mit unbewussten Erinnerungen an alte, schmerzliche Erfahrungen verbunden.
Wut sagt mir: Ich hätte gern etwas, das ich brauche und in diesem Moment nicht bekomme und ich gebe mir oder jemand anderem die Schuld dafür.
Dabei gehen wir in der GfK davon aus, dass wir selbst die Wahl haben, wie wir eine Situation betrachten. Wir selbst sind für unsere Gefühle verantwortlich. Andere können Auslöser sein aber nie Ursache. Aber dazu mehr im nächsten Beitrag...
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